Online-Zeitzeuginnengespräch mit Holocaust-Überlebender Ruth Melcer

Schülerinnen der neunten Klassen nahmen an einem bewegenden und informativen Austausch teil.

Moderne Technik macht es möglich, dass Zeitzeuginnen und -zeugen der NS-Zeit keine weiten und anstrengenden Reisen auf sich nehmen müssen, um mit Schülerinnen und Schülern in Kontakt zu treten. So hatten auch die Klassen 9d, e und f Gelegenheit an einem solchen Online-Gespräch teilzunehmen und am Freitag, den 8. November mitzuerleben was die Holocaust-Überlebende Ruth Melcer über ihr Leben erzählte. Organisiert wurde das Gespräch von der Friedrich-Ebert-Stiftung in Kooperation mit „Gegen Vergessen - Für Demokratie e.V.“, dem NS-Dokumentationszentrum München und dem Kulturreferat der Landeshauptstadt München. Unsere Kollegin Frau Scherer, Fachleitung Geschichte, hat die Teilnahme unserer Schule ermöglicht.

Ruth Melcer wurde 1935 nahe der polnischen Stadt Lodz geboren. Sie war vier Jahre alt, als die deutsche Wehrmacht in Polen einmarschierte. Im Alter von neun Jahren wird sie aus dem KZ Auschwitz befreit. Zu diesem Zeitpunkt wusste sie noch nicht, dass sie ihren kleinen Bruder nie mehr wieder sehen würde. Er war, weil er als Kind als nicht arbeitsfähig eingestuft wurde, in einem nahegelegenen Wald erschossen worden. Das gleiche Schicksal hätte auch Ruth Melcer ereilt, wenn ihre Mutter sie nicht 4 Jahre älter gemacht hätte, womit sie dann als arbeitsfähig klassifiziert wurde und überleben konnte. Die Tatsache, dass der vermutete Todestag des Bruders ausgerechnet der Tag des Gespräches war, berührte nicht nur Frau Melcer, sondern auch viele Schülerinnen.

Die Moderation des Gesprächs übernahm Ellen Diehl von der Friedrich-Ebert-Stiftung, der es gemeinsam mit Frau Melcer gelang, ein anschauliches Bild dieser schrecklichen Zeit zu schaffen. Dabei merkte man deutlich, wie sehr die Erlebnisse der Zeit Frau Melcer auch heute noch tief bewegen. Zugleich wurde klar, dass es ihr ein großes Anliegen ist, möglichst viele Menschen mit den Grausamkeiten der NS-Zeit vertraut zu machen.

Nach dem Blick auf Vergangenes, war das Ende des Gesprächs vom Blick auf das Hier und Jetzt geprägt. Auf das Erstarken rechter Parteien in den Parlamenten und die erneute Eskalation des Nah-Ost-Konflikts. Ruth Melcers emotionaler Appell am Ende der Veranstaltung lautete: Wir alle haben es in der Hand, ob sich die leidvolle Geschichte der Zeit des Nationalsozialismus abermals wiederholt.

Liebe Frau Melcer, vielen herzlichen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben, ihre Geschichte mit den Schülerinnen zu teilen. Viele waren sehr bewegt und es hat ihnen gezeigt, was es bedeutet, seine Freiheit zu verlieren, seiner Würde beraubt zu werden, unendliche Angst zu haben und täglich um das Überleben kämpfen zu müssen. Das Schicksal der Opfer des Nationalsozialismus darf nicht verharmlost und vergessen werden. Es liegt an uns, dass sich so etwas nie wieder wiederholt. 

 

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